Parenterale Ernährung über die Vene
Parenterale Ernährung über die Vene
Parenterale Ernährung über die Vene

Parenterale Ernährung über die Vene

Die parenterale Ernährung ist eine Form der künstlichen Ernährung. Der Begriff „parenteral“ kommt aus dem Griechischen und bedeutet “am Darm vorbei” (para = neben, enteron = der Darm). Bei der parenteralen Ernährung wird der Magen-Darm-Trakt daher umgangen und alle wichtigen Nährstoffe und Flüssigkeiten in Form von Infusionen über die Vene direkt ins Blut verabreicht. Deshalb spricht man hier auch von intravenöser Ernährung.

Die Parenterale Ernährung kann sowohl im Krankenhaus, in der stationären Betreuung im Pflegeheim als auch im häuslichen Umfeld erfolgen. 

Schaubild: Zugangswege der parenteralen Ernährung

Zugangswege der parenteralen Ernährung: Port, ZVK, periphere Venenkanüle

Je nach Art und Dauer der parenteralen Ernährung wird der Zugangsweg für die Verabreichung der Infusionslösungen gewählt. Hierbei unterscheidet man zwischen periphervenösen Zugängen, z.B. Venenverweilkanülen am Handrücken oder in der Armbeuge und zentralvenösen Zugängen, wie z.B. intravenöser Port oder zentraler Venenkatheter (ZVK). 

Venenverweilkanüle

Die Venenverweilkanüle ist ein dünnes Kunststoffröhrchen, das von einer Stahlkanüle umgeben ist. Hiermit wird eine geeignete Vene – meist in der Armbeuge, am Unterarm oder am Handrücken – durch die Haut punktiert (peripherer Venenzugang). Die Stahlkanüle wird entfernt, während das Kunststoffröhrchen für mehrere Tage an Ort und Stelle verbleibt und mit einem speziellen Pflaster fixiert wird. Über eine Venenverweilkanüle werden meist Medikamente, Flüssigleiten oder auch Bluttransfusionen verabreicht. Da diese Kanülen zu Entzündungen führen können und die Venen durch die Infusionslösungen meist stark gereizt werden, sollten diese nur wenige Tage lang genutzt werden.

Zentraler Venenkatheter (ZVK)

Der zentrale Venenkatheter (ZVK) ist ein dünner Kunststoffschlauch, der über eine größere Vene (z.B. die innere Drosselvene oder die Schlüsselbeinvene) in die obere Hohlvene bis vor den rechten Vorhof des Herzens eingeführt wird. Der ZVK eignet sich für parenterale Ernährung über einen relativ kurzen Zeitraum und wird nur im Krankenhaus eingesetzt. Der zentrale Venenkatheter wird zum Beispiel verwendet 

  • zur Verabreichung großer Flüssigkeitsmengen,
  • zur Verabreichung von venenreizenden Nährlösungen,
  • für Substanzen, die das Gewebe schädigen können, wie z.B. Chemotherapeutika,
  • zur kontinuierliche Gabe von herz-kreislaufwirksamen Medikamenten,
  • bei beatmeten Patienten,
  • zur Messung des zentralvenösen Drucks.

Intravenöser Port

Parenterale Ernährung über Port

 Ist die parenterale Ernährung über einen längeren Zeitraum erforderlich, z.B. bei einer Chemotherapie, wird meist ein sogenannter intravenöser Portkatheter, kurz Port (aus dem lateinische, porta = Pforte), implantiert.

Der Port ist ein dauerhafter Zugang, der in einem kleinen operativen Eingriff direkt unter der Hauoberfläche unterhalb des Schlüsselbeins eingepflanzt wird. Das Portsystem besteht aus einer Kammer (ca. 3 cm Durchmesser) mit einer dicken Silikonmembran sowie einem Schlauch (Katheter), der in eine herznahe Vene mündet. Das Gehäuse lässt sich von außen meistens gut mit den Fingern ertasten.

Zur Verabreichung der Infusionslösungen, wie z.B. der Chemotherapeutika, wird die Silikonmembran mit einer Spezialnadel von außen durch die Haut punktiert. Somit werden die Nährlösungen oder Medikamente direkt in größere, herznahe Venen geleitet, wo sie sich im stärkeren Blutstrom rasch verteilen. Die Gefäßwände der Venen werden so im Vergleich zu periphervenösen Venenverweilkanülen geschont. 

Wann ist parenterale Ernährung notwendig?

Bevor die Entscheidung für eine parenterale Ernährung fällt, sollten alle anderen Möglichkeiten, wie z.B. die orale Ernährung mit medizinischer Trinknahrung oder die enterale Ernährung über eine Sonde, in Betracht gezogen werden. Denn die parenterale Ernährung birgt ein erhöhtes Risiko für Komplikationen und Folgeerkrankungen. Zudem erfüllt unser Darm wichtige Aufgaben in Bezug auf das Immunsystem, sodass es das Ziel sein sollte, seine Funktionsfähigkeit so lange wie möglich zu erhalten.

Die parenterale Ernährung kommt somit immer dann zum Einsatz, wenn die orale (über den Mund) sowie die enterale Ernährung über eine Sonde nicht möglich oder unzureichend ist, wie z.B. bei folgenden Erkrankungen:

  • Chronisch entzündlichen Darmerkrankungen (z.B. Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa),
  • Kurzdarmsyndrom,
  • Transportstörungen des Darms, wie z.B. Darmverschluss oder Tumore,
  • gastrointestinalen Blutungen und / oder Perforation,
  • strahlenbedingten Darmentzündungen,
  • metabolische Entgleisungen wie z.B. Kachexie, Hypermetabolismus bei Sepsis,
  • schweren Entzündungen der Bauchspeicheldrüse (Pankreatitis),
  • unstillbaren Durchfällen oder Erbrechen,
  • starken Verbrennungen.

Grundsätzlich gibt es keine zeitliche Begrenzung, wie lange ein Betroffener parenteral ernährt werden kann. Dennoch sollte diese Form der Ernährung nur so lange wie notwendig eingesetzt werden. Sobald der Verdauungstrakt in der Lage ist, Nahrung wieder zu verwerten, sollte die betroffene Person wieder schrittweise enteral über eine Sonde oder oral (über den Mund) ernährt werden. 

Parenterale Infusionslösungen enthalten Nährstoffe in flüssiger Form.

Arten der parenteralen Ernährung

Für die parenterale Ernährungstherapie stehen Infusionslösungen mit verschiedenen Nährstoffen in flüssiger Form zur Verfügung. Aufgrund der fehlenden Verdauungsprozesse des Magen-Darm-Traktes setzten sich parenterale Nährstofflösungen aus Stoffen zusammen, die der Körper direkt aus dem Blut verarbeiten kann. 

Typische Elemente der parenteralen Ernährung sind

  • Glukoselösungen (Glukose = Zucker/Kohlenhydrat),
  • Aminosäuremischungen (Aminosäuren = Grundbausteine der Eiweiße),
  • Fettemulsionen,
  • Elektrolytlösungen, wie z.B. Natrium, Kalium oder Magnesium,
  • sowie Vitamine und Spurenelemente.

Parenterale Infusionslösungen können einzeln (z.B. Glukoselösung oder Fettemulsionen), kombiniert oder gemischt (Zwei- bzw. Dreikammerbeutel) verabreicht werden. 

Ähnlich wie bei der enteralen Ernährung über eine Sonde, wird zwischen zwei verschiedenen Arten der parenteralen Ernährungstherapie unterschieden. Die gesundheitliche Situation des Betroffenen, der Zustand des Magen-Darm-Trakts sowie die Möglichkeit, durch die parenterale Ernährung die Lebensqualität zu verbessern, sind hierbei ausschlaggebend.

1. Supplementierende parenterale Ernährung (SPE)

Bei der supplementierenden parenteralen Ernährung (SPE) deckt die parenterale Ernährung den täglichen Nährstoffbedarf nicht vollständig, sondern ergänzt lediglich die orale bzw. enterale Zufuhr. Dies ist der Fall, wenn Betroffene noch in der Lage sind, geringe Mengen Nahrung auf natürlichem Weg über den Mund oder über eine Ernährungssonde aufzunehmen sowie zu verdauen und zu verstoffwechseln.  

2. Totale parenterale Ernährung (TPE)

Bei der totalen parenteralen Ernährung (TPE) werden alle benötigten Nährstoffe ausschließlich intravenös, also über die Vene, verabreicht, z.B. bei sehr starken Durchfällen oder Tumoren im Magen-Darm-Trakt.  Da die hierzu eingesetzten Nährstofflösungen meist sehr konzentriert sind und zu Thrombosen und Entzündungen der peripheren Venen führen können, ist für diese Ernährungsform ein zentraler Venenkatheter oder ein Portsystem erforderlich.

Was ist der Unterschied zwischen enteral und parenteral?

Parenterale und enterale Ernährung sind beides Formen der künstlichen Ernährung. Im Gegensatz zur enteralen Ernährung, bei der die Nährstoffe über eine Sonde in den Magen oder in den Dünndarm geleitet werden und der Magen-Darm-Trakt somit weiterhin für die Verdauung genutzt wird, umgeht die parenterale Ernährung den Verdauungstrakt und wird direkt in die Vene appliziert. 

Auch wenn sich beide Ernährungsformen grundlegend voneinander unterscheiden, konkurrieren sie nicht miteinander. So sollte die parenterale Ernährung sobald wie möglich durch orale oder enterale Ernährung ergänzt oder sogar abgelöst werden. Denn die enterale Ernährung über den Magen-Darm-Trakt ist die physiologischere Form der Ernährung und hilft dabei, die Verdauungsorgane in ihrer Funktionsfähigkeit zu erhalten. So kann der Darm wichtige Aufgaben in Bezug auf die Immunabwehr erfüllen und eine Fehlbesiedlung des Darms mit krankmachenden Keimen reduziert werden. Darüber hinaus regt die Magendehnung den Appetit wieder an.

Enterale Ernährung versus parenterale Ernährung im Überblick: 

  Enterale Ernährung Parenterale Ernährung
Zugangsweg Physiologisch über den Magen-Darm-Trakt Direkt in die Blutbahn und daher Umgehung des Magen-Darm-Traktes
Verabreichungsart Über den Mund (Trinknahrung) oder über eine Ernährungssonde in den Magen oder Dünndarm Über eine periphere Venenverweilkanüle oder über ein Portsystem bzw. zentralen Venenkatheter
Infektionsrisiko gering hoch
Kosten gering hoch

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